Weimar
- die Stadt der Klassiker
Warum
denn immer in die Ferne reisen, haben wir uns gesagt. Deutschland hat
so viel zu bieten, warum denn nicht wieder mal nach zwei Jahren nach
Weimar - diesmal zu Ostern 2011 vier Tage bei herrlichstem Frühlingswetter
ohne ein Wölkchen am Himmel.
Mit der Bahn, denn den Stress einer Autofahrt auf vollen Autobahnen
wollten wir uns nicht antun. Und das von uns gebuchte Hotel "Kaiserin
Augusta" liegt gleich am Bahnhof - nur einen Kilometer vom Zentrum
entfernt.
Es soll kein langer Reisebericht werden, nur eine stichwortartige Schau
der von uns (diesmal) besuchten Stätten.
Kulturell
Der Besuch des Deutschen Nationaltheaters gehört für uns,
sofern das Programm ansprechend ist, zu unseren bevorzugten Zielen im
abendlichen Weimar. Allein schon der Zugang, vorbei an den Statuen der
Geistesheroen Goethe und Schiller, ist eine imponierende Einleitung.
An diesem Ostersamstag stehen "Die Wahlverwandschaften" nach
J.W. Goethe auf dem Programm. Wir tappten jedoch in ein Programm, in
das in typisch modern sein wollender Attitude Sex und Nacktheit eingegearbeitet
waren. Manche Zuschauer verliessen in der Pause das Theater. Wenn Goethe
das erlebt hätte!
Kurz zuvor hatten uns die moderne Aufführung "Entführung
aus dem Serail" in der Komischen Oper in Berlin geschockt, in der
sich die Handlung nicht im Sultanspalast sondern in einem Freudenhaus
abspielte,
Um so erfreulicher war dann am nächsten Abend in dem von uns gern
aufgesuchten Theater im Gewölbe im Cranach-Haus die Aufführung
"Schiller im Liebesrausch", das die Beziehung Schillers zu
seiner späteren Frau und deren Schwester zeigte. Und wenn schon
Kultur, dann richtig: Detlev Heinze zeigte sich gleich danach in dem
Stück "Faust im Alleingang" als trefflicher und komprimierter
Faust I - Darsteller. Stehende Ovationen belohnten seine facettenreiche
Vorführung.
Durch die Stadt
und ihre Sehenswürdigkeiten
Eine zweistündige
Führung brachte wieder viel Vergessenes und viel Neues mit sich.
Unser gut bewanderter Führer Herr Joachim Hakelberg machte uns
diesen Ausflug zu einer wahren Freude, verband er doch Fakten, Überliefertes
und heitere Histörchen zu einer erlebnisreichen Kombination.
Neu ist in Weimar der Belvedere-Express, mit dem sich die eineinhalb
Stunden dauernde Fahrt lohnt: Eine Kombination aus Video und persönlichen
Kommentaren, die bis hinaus nach Belvedere und zurück führt.
Eines der eindrucksvollsten Stationen dieser Reise war der Besuch der
Anna-Amalia-Bibliothek am Ostersonntag Morgen. Nur ca 70 bis 100 Karten
kommen täglich in den freien Verkauf. Es hiess also sich früh
wegen Karten anstellen - vor uns bereits eine Schlange von dreissig
Wartenden bis sich um 9.30 Uhr endlich die Kasse öffnete. Grossartig,
wie es gelungen ist, das Innere nach dem verheerenden Brand im Jahr
2004 wieder zu restaurieren. Eindrucksvoll die Ornamentik und die ausgestellten
Büsten der Grossen der Weimarer Klassik. Der Audio-Führer
gibt viele interessante Details.
Ein weiteres gelungenes Beispiel der durch Goethe angeregten klassizistischen
Phase ist das Römische Haus im Garten an der Ilm, das sich sein
Gönner und Mentor Carl August erbauen liess. Die Dame an der Kasse
hatte gerade wenig zu tun und erzählte uns viel zu Geschichte und
Entstehung, Von hier aus hat man auch einen Ausblick auf das Goethesche
Gartenhäuschen, das immerhin der Ort der ersten Begegnung zwischen
Christiane Vulpius und dem Dichterfürsten war. Da wir bereits bei
früheren Besuchen dreimal im Häuschen waren, beschränkten
wir uns auf einen Spaziergang durch den Park, in dem die Bäume
zu grünen begannen und die Luft mit Blütenduft durchsetzt
war. Ein junges Pärchen fiel uns auf: Sie sassen auf der Wiese
vor dem Gartenhäuschen, machten Picknick und sie las ihm gerade
- passend zum heutigen Tage - aus dem Faust den Osterspaziergang vor.
Goethes Haus am Frauenplan und Schillers Haus an der Schiller-Strasse
gehören natürlich auch dazu.
Denkmal
Carl August auf dem Platz der Demokratie
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Schloss
Belvedere
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Vor dem Belvedere-Rundfahrt-Mobil
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Goethes
Gartenhäuschen
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Junges
Pärchen beim Picknick mit Goethe-Lektüre
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Das
Römische Haus im Park an der Ilm
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Kulinaria
Das Restaurant "Anna
Amalia" im Hotel Elephant ist das einzige Restaurant in ganz Thüringen,
das mit einem Stern des Michelin-Führers bedacht ist. Nach zweijähriger
Abwesenheit hatten wir wieder mal einen Tisch gebucht. Erwähnenswert
ist der Sommelier und Restaurant-Leiter Herr Roman Drobeck, der es wie
kein zweiter verstand, dem neugierigen und kundigen Gast die einzelnen
Weine zu erklären und mit vielen Details über Jahrgang, Winzer
und Lagen nahezubringen. Das allein ist schon einen Besuch des Restaurants
wert. Leider hat er (Stand 2016) eine neue Aufgabe anderswo gefunden.
Eine weitere Empfehlung ist das Restaurant "Alt Weimar", In
nostalgischer Umgebung geniesst man hier Köstliches, Die junge
Kellnerin, nach ihrer Aussage Azubi im dritten Lehrjahr, zeigte ein
erstaunliches Wissen um Menu und Weine.
Der
Bahnhofsvorplatz von Weimar
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Der
Bahnhofsvorplatz von Weimar
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"Anna
Amalia" als Touristen-Führerin
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Sicher gäbe
es noch viele andere Eindrücke zu erwähnen, jedoch für
einen kleinen "Internet-Auftritt" möge es genügen.
Ich möchte jedoch ein Bild des Bahnhofs-Vorplatzes von Weimar als
Anregung für Frankfurter Besucher dieser Seiten besonders hervorheben,
um auf die Trostlosigkeit und Phantasie-Losigkeit des grau gestalteten
Frankfurter Goetheplatzes aufmerksam zu machen. Wieviel hätte man
aus diesem Platz machen können!
Die Architektin hat wohl an Ideenlosigkeit und Lustlosigkeit gelitten
und auch dem Frankfurter Baudezernenten muss man zehn Ausrufezeichen
und ebenso viele Fragezeichen zum Thema Goetheplatz ins Besucherbuch
hineinzeichnen.
Sicht auf das Haus Goethes am Frauenplan vom Garten her
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Der Geheimrat beim Diktieren
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Das Innere der Anna-Amalia-Bibliothek nach der Renovierung nach
dem Brand
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